Aktuelles, Labyrinthe

Aus der Mitte zurück in das LEBEN

In der Mitte des Labyrinthes fühlt man sich geborgen, wie in einer Höhle. Der Weg hinein ist länger als erwartet. Er bildet einen Schutzraum rund um die Mitte, in der wir stehen. Es ist ein schwieriger Gang bis in die Mitte. Wir halten uns dort länger, doch nun drängt es uns wieder hinaus.

Wenn das Labyrinth mit einem Abschnitt unseres Lebensweges gleichgesetzt werden kann, so sind es im Moment die letzten Monate, die wir in dieser Mitte verbracht haben. Zu Beginn gab sie uns Sicherheit, Geborgenheit. Wir kamen zur Ruhe, konnten über die Situation draußen nachdenken. Erlebten uns selbst in Bezug zu der Pandemie. Wo stehe ich? Was ist mir wichtig? Macht es mir etwas aus, auf so vieles zu verzichten? Was macht eigentlich mein Leben aus?

Die Ruhe, ohne Ablenkung von außen, ist typisch für die Mitte des Labyrinthes. Diese gilt als Ort der Selbsterkenntnis. Die vergangenen Monate konnten wir nutzen, uns besser kennen zu lernen. Wie haben wir reagiert auf den Druck von außen? Mit Angst, Wut oder Fluchtgedanken? Haben wir resigniert, depressive Momente erlebt? Oder einfach so weiter gemacht wie bisher? Haben wir uns Schlupflöcher gesucht, die Regeln zu umgehen? Haben wir uns abgelenkt? Oder waren wir froh, dass wir einmal nicht vom Wesentlichen abgelenkt werden?

Was hat uns gefehlt oder was vermissen wir? Je mehr Gedanken wir uns darüber machen, umso deutlicher wird uns, dass das Leben nicht nur Grundversorgung bedeutet. Ein wichtiger Aspekt, neben vielen andern, sind die Beziehungen, die Familie und Freunde, die Arbeitskollegen. Wir möchten sie nicht mehr per Computer sehen, sondern real. Gemeinsam klönen und lachen. Und wenn wir vor der Pandemie noch über einige Alltagssituationen gelästert haben, so vermissen wir sie jetzt schmerzlich. Shoppen gehen, egal ob man etwas kauft oder nicht, aber einfach die Möglichkeit dazu haben. Kaffee trinken in der Fußgängerzone und dabei in Ruhe beobachten, wie das Leben um uns herum pulsiert. Die Freiheit zu reisen, wohin wir möchten. Und noch so vieles mehr.

Das LEBEN, was bedeutet es für dich? So wie langsam der Frühling Einzug hält und neues Leben in die Natur bringt, so beginnen wir den Rückweg aus der Ruhe und Geborgenheit der Mitte. Wir holen uns UNSER LEBEN Stück für Stück in den Alltag zurück. Das, was wir in der Mitte erkannt haben, bekommt nun seinen Platz. Wir gehen behutsam mit uns selbst vor, schaffen uns eine Lebenssituation, die unserer neuen Lebenseinstellung entspricht. Wir haben in den letzten Wochen erkennen dürfen, was uns wirklich wichtig ist und auf was wir verzichten können. Wir haben gelernt, unseren Gefühlen zu vertrauen und zu hinterfragen, wenn uns etwas seltsam vorkommt.

Der Weg hinaus aus dem Labyrinth will schrittweise gegangen werden. Damit wir das, was wir in der Mitte gelernt haben, in unseren Alltag integrieren können. Es soll Bestand haben im Austausch mit unseren Mitmenschen, uns festen Boden unter den Füßen verleihen. Uns mutig machen und voller Freude und Erwartung auf das Kommende, das Neue. Wir gehen zurück zum Puls des Lebens und bleiben doch mit unserem tiefen Inneren verwurzelt.

Stehen wir zu dem, was uns ausmacht.
Stehen wir zu dem, was für uns LEBEN bedeutet.
Stehen wir zu dem, was wir uns wünschen und möchten.
Bleiben wir mit unserem Herzen und unserem neuen Bewusstsein verbunden und haben wir den Mut, dieses klar auszudrücken. So meistern wir die Herausforderungen der nächsten Zeit.

Fotos: das Labyrinth von Kloster Helfta bei Eisleben mit der schönen Laube in der Mitte